Rettet der Staat den Journalismus?

DELPHInarium 2/2016

Abbildung 1: Welche Formen von Journalismus werden auch in 10 Jahren noch am Markt (d.h. durch Verkauf und/oder Werbung) finanziert werden können?
Abbildung 2: Welche Medien werden auch in 10 Jahren noch am Markt (d.h. durch Verkauf und/oder Werbung) finanziert werden können?
Abbildung 3: Welche neuen Finanzierungsmodelle für Journalismus erachten Sie als zukunftstauglich?
Abbildung 4: Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass Medienhäuser ihre journalistischen Produkte mit Einnahmen aus anderen Geschäftsfeldern quersubventionieren?
 

Ist Journalismus noch ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell? Angesichts der weiterhin erodierenden Umsätze mit journalistischen Produkten stellt sich diese Frage mit immer grösserer Dringlichkeit. Denn ohne unabhängige Medien und kritischen Journalismus ist eine Demokratie nicht funktionsfähig. Wie gross die Unsicherheit bezüglich der Medienentwicklung ist, zeigen auch die Ergebnisse der aktuellen DELPHInarium-Runde zum Thema. Kaum einer der befragten Medienexperten möchte die Hand dafür ins Feuer legen, dass alle derzeit bekannten Formen von Journalismus auch in zehn Jahren noch mit Werbung und/oder Verkauf finanziert werden können. Vor allem für den Boulevardjournalismus sind sie pessimistisch. Weniger als ein Viertel der Befragten hält es für „sehr wahrscheinlich“, dass diese Art von Journalismus in zehn Jahren noch mit konventionellen Mitteln finanziert werden kann. Am ehesten trauen sie dies dem interpretativen Journalismus zu, der Hintergrund und Analyse zu aktuellen Themen bietet. Drei von fünf halten es für „sehr wahrscheinlich“, dass dieser Typ von Journalismus auch in zehn Jahren noch mit Verkauf und Werbung finanziert werden kann. Auch für Enthüllungsjournalismus sind die Experten mehrheitlich optimistisch. Hingegen dürfte es für andere Formen schwieriger werden: „Vor allem der Informationsjournalismus kommt unter Druck, weil News auch gratis verfügbar sind“, meint ein Experte.

Zeitungen und Fernsehen gefährdet

Wird nach den Medien gefragt, räumen die Experten den gedruckten Zeitschriften und Magazinen die besten Überlebenschancen ein. Aber auch für die gedruckte Wochen- und Sonntagspresse dürfte es in zehn Jahren noch einen Markt geben. Deren Überlebenschancen beurteilen die befragten Experten als ebenso gut wie die Aussichten für publizistische Onlineportale und besser als fürs Radio. Vergleichsweise skeptisch sehen sie die Zukunft aber für die gedruckten regionalen Abonnementszeitungen und für das Fernsehen.  Allerdings sieht eine knappe Mehrheit der Experten auch für diese Medien noch ausreichende Marktpotenziale für die nächsten zehn Jahre.

Tatsache ist, dass die durch Werbung und Verkauf erzielten Umsätze der Medienhäuser rückläufig sind. Stellt sich die Frage, welche neuen Finanzierungsmodelle zukunftstauglich sind, denn von irgendwoher müssen die Gelder ja kommen, wenn der Journalismus überleben soll. Die Antworten des DELPHInariums lassen vermuten, dass es eine Mischfinanzierung sein wird.

Öffentliche Gelder sollen es richten

Am wahrscheinlichsten wird die Finanzierung durch öffentliche Gelder beurteilt: „Alle qualitativ hoch stehenden Medienprodukte werden in Zukunft zum grössten Teil von Gebühren und Subventionen leben“, ist ein Befragter überzeugt. Fast die Hälfte der Befragten hält diese Form für zukunftstauglich. Nur eine kleine Minderheit glaubt, dass der Vertrieb von Inhalten über aggregierte News-Plattformen eine zukunftstaugliche Lösung darstellt. Bessere Chancen werden der Finanzierung über digitale Abonnemente oder Micropayment eingeräumt. Ebenso zukunftstauglich wird die Finanzierung über medienfremde, z.B. politische Interessengruppen beurteilt, etwas weniger die Finanzierung über private Stiftungen und Spender.

Überraschend optimistisch sind die Experten bezüglich der Quersubventionierung von journalistischen Produkten. Manche Medienhäuser diversifizieren ja stark in Geschäftsfelder, die mit Publizistik nicht mehr viel zu tun haben. Fast zwei Drittel der Befragten halten es für (sehr) wahrscheinlich, dass mit den Erträgen aus den neuen Geschäftsfeldern publizistische Produkte quersubventioniert werden. Dies sei ja bereits heute der Fall, merkt ein Befragter an. Ein anderer ist skeptischer: „Fragt sich nur, wie lange sie noch dazu bereit sein werden.“

 
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