Werbeallianz zu Lasten der nationalen Konkurrenz

DELPHInarium 2/2015

Abbildung 1: Ist das Schweizer Joint Venture aus Ihrer Sicht tatsächlich eine Strategie gegen Google und Co. oder ist doch eher die nationale Konkurrenz (einheimische Werbevermarkter, private TVs und Radios, Agenturen und Verlagshäuser) betroffen?
Abbildung 2: Für wie legitim halten Sie die Werbeallianz zwischen Swisscom, SRG und Ringier? (Aussage trifft zu/trifft nicht zu.)
Abbildung 3: Glauben Sie, dass das Joint Venture in den nächsten Jahren das Wachstum des CH-Werbemarktes positiv beeinflussen kann?
Abbildung 4: Wie beeinflusst das Joint Venture den Schweizer Werbemarkt in den nächsten Jahren?
 

Google, Facebook, Amazon etc. haben sich in den letzten Jahren auch im Schweizer Werbemarkt beachtliche Marktanteile gesichert. Swisscom, SRG und Ringier wollen nach eigenen Aussagen in einer gemeinsamen Vermarktungsorganisation mit vereinten Kräften dagegen antreten und den Schweizer Markt im globalisierten Wettbewerb mit einem Joint Venture nachhaltig stärken.

Ob dies tatsächlich gelingen kann, ist unter den befragten Expertinnen und Experten aber umstritten: Nur eine kleine Gruppe glaubt, dass in erster Linie die globalen digitalen Giganten betroffen sind. Eine Mehrheit ist hingegen der Ansicht, dass die Strategie in erster Linie die nationale Konkurrenz trifft. Vereinzelte geben allerdings zu bedenken, dass ja noch kaum bekannt ist, was die Vermarktungsallianz genau beinhaltet und dass sich auch weitere nationale Akteure anschliessen könnten. Auf welch dünnes Eis sich die DELPHInarium-Experten zu begeben hatten, zeigt die Frage nach den vermuteten Werbeumsätzen von Google & Co. Diese behandeln ihre Schweizer Umsätze bekanntlich als Geschäftsgeheimnis, weshalb über ihre aktuelle Marktmacht nur gerätselt werden kann. Entsprechend gehen die Schätzungen der Expertinnen und Experten auch weit auseinander. Die grösste Gruppe tippt auf einen Werbeumsatz von 0,5 bis 1 Milliarde Franken. Zum Vergleich: Alle Schweizer Printmedien zusammen erzielten 2014 einen Umsatz von 1,5 Milliarden Franken.

Kaum Wachstumseffekt durch neue Werbeallianz

Eher skeptisch beurteilt das DELPHInarium mögliche Wachstumseffekte auf den Schweizer Werbemarkt. Die Mehrheit glaubt nicht, dass das Joint Venture in den nächsten Jahren das Wachstum des Schweizer Werbemarktes positiv beeinflussen kann. Einige befürchten gar einen Preiszerfall, da die Werbekunden die Synergiegewinne in Form reduzierter Preise einfordern würden.

Eine klare Meinung hat das Expertenpanel aber bezüglich möglicher Gewinner und Verlierer der Werbeallianz. Aus der Sicht von mehr als drei Vierteln der Befragten nützt die Allianz in erster Linie den Beteiligten. Diese würden klar Marktanteile gewinnen. Ebenso eindeutig ist die Meinung wer die Verlierer sind: Nicht Google und Co. – für diese wird sich kaum etwas ändern –, sondern die einheimischen Werbevermarkter sowie die privaten Radio- und Fernsehstationen und Medienhäuser.

Kontrovers beurteilte Legitimität des Joint Venture

Bei der Beurteilung der Legitimität der Vermarktungsallianz spaltet sich das DELPHInarium: Zur Aussage „Die Kooperation macht Sinn, aber die übrigen Schweizer Medienunternehmen dürften darunter nicht leiden“ ist die Zustimmung nur geringfügig höher wie die Ablehnung. Ebenso kontrovers ist die Haltung des Panels dazu, ob der Schweizer Werbemarkt Google, Facebook & Co. ohne das Joint Venture kampflos überlassen würde. Fast gleichmässig verteilt ist Zustimmung und Ablehnung auch zur Aussage „Der Zusammenschluss stellt eine wettbewerbswidrige Machtballung dar“. Etwas deutlicher positioniert sich das DELPHInarium zur Aussage „Die SRG als öffentliches und die Swisscom als halbstaatliches Unternehmen sollen aus Werbung kein Kerngeschäft machen dürfen“. Während weniger als vierzig Prozent darin kein grösseres Problem sehen, stellt sich etwa die Hälfte der Befragten hinter diese Meinung. Ein Experte erinnert daran, dass die digitale Transformation neue Ansätze erfordert: „Nur Jammern und Verbieten ist kein zukunftsfähiges Rezept. Es ist ALLES im Umbruch. Garantierte Marktpositionen gibt es keine.“

Die nicht ganz widerspruchsfreie Quintessenz der DELPHInarium-Runde könnte man wie folgt zusammenfassen: Die Vermarktungsallianz zwischen Swisscom, SRG und Ringier wird zwar die globalen Internet-Giganten kaum in die Schranken weisen und vor allem den nicht-beteiligten Schweizer Medienhäusern schaden, aber eine Alternative zum Vorgehen ist auch nicht in Sicht. Dies spräche für eine möglichst breite Abstützung des Joint Ventures. „In den letzten 10 Jahren sind 20% der Schweizer Werbegelder internationalisiert worden. Vieles spricht dafür, dass sich dieser Trend weiter beschleunigt, wenn ‚Schweiz United‘ nicht unternehmerisch aktiv wird“, meint ein DELPHInarium-Experte.

 

 
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